Eingreifreserve (ER)

Die Eingreifreserve beim Generalstaatsanwalt besteht seit April 2000. Sie ist eine Einrichtung zur flexiblen und schwerpunktorientierten Unterstützung aller landgerichtlichen Staatsanwaltschaften in Hessen bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren. Sie wird gezielt in ausgewählten Ermittlungsverfahren eingesetzt. Ihre Arbeit endet in der Regel mit den das Ermittlungsverfahren abschließenden Verfügungen (z. B. Anklageschriften, Strafbefehlsanträgen, Einstellungsverfügungen). Die Eingreifreserve übernimmt aber auch bei besonders umfangreichen und komplexen Verfahren die Sitzungsvertretung in der Hauptverhandlung.

Abweichend von der sonst bei den landgerichtlichen Staatsanwaltschaften üblichen Zuständigkeit nach örtlichen und sachlichen Gesichtspunkten entscheidet über den landesweiten Einsatz der Eingreifreserve der Generalstaatsanwalt durch besondere Zuweisung gemäß § 145 Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

Schwerpunkte der Arbeit der Eingreifreserve sind Verfahren aus folgenden Deliktsbereichen:

  • Organisierte Kriminalität
  • Organisierte und bandenmäßige Steuerstraftaten
  • Sonstige Wirtschaftskriminalität
  • Ermittlungsintensive Kapitaldelikte
  • Sammelverfahren und umfangreichere Verfahren aus den Bereichen Allgemein- und Betäubungsmittelkriminalität
  • Verfahrenskomplexe mit regional übergreifenden örtlichen Zuständigkeitsschwerpunkten und internationalen Bezügen
  • dabei auch Finanzermittlungen und Vermögensabschöpfung

Die Eingreifreserve besteht aus einem Leitenden Oberstaatsanwalt, einem Oberstaatsanwalt und derzeit 7 Staatsanwältinnen bzw. Staatsanwälten als Dezernentinnen bzw. Dezernenten, die von den landgerichtlichen Staatsanwaltschaften längerfristig abgeordnet sind, sowie einem Sekretariat.

Ausgewählte Ermittlungs- und Strafverfahren der Eingreifreserve in den letzten Jahren:

  • Mehrere umfangreiche Ermittlungskomplexe wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit sog. Cum-/Ex-Geschäften mit Anklageerhebungen vor den Landgerichten in Frankfurt am Main und Wiesbaden.
  • Ermittlungskomplex wegen des Verdachts des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern, der Zwangsprostitution, der Ausbeutung von Prostituierten, der Zuhälterei, des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie Steuerhinterziehung gegen fünf mutmaßliche Bordellbetreiber mit Anklageerhebung vor dem Landgericht Hanau.
  • Strafverfahren wegen des Verdachts der schweren räuberischen Erpressung und erpresserischen Menschenraubs im Zusammenhang mit einer Raubüberfallserie auf Bank- und Sparkasseninstitute in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit Anklageerhebung vor dem Landgericht Limburg a. d. Lahn.
  • Ermittlungskomplex wegen des Verdachts der Herbeiführung von Sprengstoffexplosionen und schweren Diebstählen gegen teils international agierende Tätergruppierungen im Zusammenhang mit der Sprengung von Geldautomaten im gesamten Bundesgebiet mit Anklageerhebungen vor den Landgerichten Gießen und Fulda.
  • Ermittlungskomplex und hessenweite Koordination im Zusammenhang mit Betrugsverdachtsfällen bei Beantragung von sog. Corona-Soforthilfen in Zusammenarbeit mit der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main und dem Regierungspräsidium in Kassel.

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